Green Business – Mit nachhaltigen Geschäftsmodellen in die Zukunft

Als ich 18 Jahre alt war, bekam ich von meinen Eltern einen gebrauchten Golf geschenkt. Ich war begeistert von der nun grenzenlos scheinenden Freiheit der neuen Mobilität. In derselben Zeit gab es eine gesellschaftliche Diskussion über ein Waldsterben durch sauren Regen. Mein Auto hatte keinen Katalysator. Politisch wurde zur Bekämpfung des Waldsterbens die Automobilindustrie dazu gezwungen, Katalysatoren in Autos einzubauen, welche die den sauren Regen erzeugenden Schadstoffe weitgehend aus den Abgasen herausfiltern. Meine jugendliche Freiheit verteidigend, vertrat ich damals nicht ganz ohne Ernst die Ansicht, mein Auto würde auch ohne Wald fahren. Die Autoindustrie kämpfte erbittert gegen den Katalysator, da er die Autos verteuern würde und man um die Absatzzahlen und Arbeitsplätze fürchtete. Wie wir heute wissen, ist sie nicht am Katalysator zugrunde gegangen und die Schadstoffe, die durch dessen Einführung vermieden wurden, sind erheblich. Daraus gelernt wurde allerdings wenig. Man entwickelte die Motoren weiter, die Aerodynamik und die Materialien, senkte zwar den durchschnittlíchen Treibstoffverbrauch, hat aber nicht wirklich daran gearbeitet, emissionsfreie Autos zu bauen. Bis einer kam, der es getan hat und dessen Unternehmen heute mehr wert ist, als weltweit alle anderen Automobilhersteller zusammen.

Vieles hat sich seitdem verändert. Z.B. meine Einstellung zur Bedeutung des Schutzes unserer Umwelt. Was sich aber leider nicht verändert hat, ist die Argumentation mancher Unternehmen, ihr umweltschädigendes Verhalten fortzusetzen, obwohl heute die Schäden an den Ökosystemen, die wir Menschen anrichten, ungleich größer sind, als in meiner Jugend.
Viele Familienunternehmen haben in den letzten Jahren schon einen anderen Weg eingeschlagen. Da Nachhaltigkeit eines unserer wichtigsten Prinzipien ist, haben sie erkannt, dass ökonomisches Handeln auch ökologisch verträglich sein muss, um auch in den nächsten Generationen noch zu bestehen. Da gab es den Begriff „Green Business“ noch nicht, der für nachhaltiges Wirtschaften steht.

Die Weltbevölkerung wächst nach wie vor. Aktuell leben 7,8 Mrd Menschen auf der Welt. Vor 70 Jahren waren es noch 2,5 Mrd und in 30 Jahren werden es ca. 10 Mrd sein. Die Ressourcen der Erde nehmen jedoch nicht zu, sondern durch den menschlichen Verbrauch ab und dies mit steigendem Lebensstandard immer schneller. Maja Göpel weist in ihrem lesenswerten Buch „Unsere Welt neu denken“ darauf hin, dass die Hälfte des CO2, für das die Menschheit verantwortlich ist, in den letzten 30 Jahren ausgestoßen wurde. Sie schreibt: „Der Schaden, den wir wissentlich angerichtete haben, ist inzwischen ebenso groß wie der Schaden, den die Menschheit entstehen ließ, als sie noch nicht wussten, was sie taten.“

Es ist offensichtlich, dass ökonomisches Wachstum zwingend zu einem natürlichen Ende finden wird, wenn Rohstoffe weiter wie bisher verbraucht werden. Diese physikalische Erkenntnis annehmend, haben sich manche Silicon Valley Unternehmer vorgenommen, neuen Lebensraum für die Menschheit auf anderen Planeten zu erschließen, für die Zeit, wenn wir unseren ruiniert haben werden. Das ist einerseits logisch und konsequent. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, ich ziehe jedenfalls das Leben auf der Erde dem auf dem Mars vor. Die Firma Deep Space Industries bereitet gerade im Auftrag der NASA die Rohstoffgewinnung aus Asteroiden vor, für den Fall, dass uns die Rohstoffe auf der Erde ausgehen. Auch eine Möglichkeit. Aber wollen wir es wirklich soweit kommen lassen?

Wenn wir im Kern Einigkeit darüber haben, dass wir bei einer wachsenden Weltbevölkerung und begrenzten Ressourcen bei gleichbleibenden Verhalten auf eine Situation hinsteuern, in der sich die Menschen ihrer eigenen Lebensgrundlagen beraubt haben werden, müssen wir offenbar unser Verhalten ändern. Jedenfalls wenn wir nicht wollen, dass unsere Nachfahren auf den Mars auswandern müssen.

Eine gute Eigenschaft des Menschen besteht darin, dass er in der Lage ist, zukünftige Entwicklungen zu antizipieren. Das Konzept, das einen wichtigen Lösungsbeitrag leisten soll, ist unter dem Begriff „Kreislaufwirtschaft“ (cradle to cradle) bekannt geworden. Unsere gesamte Wirtschaft wird hierzu so organisiert, dass vom Produktdesign über die Materialien, die Logistik, den Betrieb und die Wiederaufbereitung der Materialien nach Ablauf der Lebensdauer nach Möglichkeit keine neuen Rohstoffe mehr verbraucht werden, sondern sie in einem Kreislauf gehalten werden. Der Aufbau der Kreislaufwirtschaft bietet eine Vielzahl von Chancen für neue Geschäftsmodelle.

Wir sollten uns nicht davon aufhalten lassen, dass unser Anteil an den weltweiten CO2 Emissionen verglichen mit denen der Vereinigten Staaten oder China ja deutlich geringer ist. Wenn es den Deutschen Unternehmen gelingt, kreislauftaugliche Prozesse umzusetzen, werden diese ein großes Potenzial für Exporte bieten. Wir sollten alte Grabenkämpfe in den Köpfen, die einen Widerspruch zwischen Ökonomie und Ökologie sehen, überwinden. Denn es geht nicht um grüne Ideologie sondern um nachhaltige Geschäftsmodelle der Zukunft. Die ökologischen Kosten sollten wir nicht mehr auf die nachfolgenden Generationen oder andere Länder abwälzen.

Larry Fink, CEO von Blackrock schrieb kürzlich in seinem neuen CEO Brief: „Wir rufen Unternehmen dazu auf, einen Plan vorzulegen, aus dem hervorgeht, wie sie ihr Geschäftsmodell an eine klimaneutrale Wirtschaft anpassen wollen.“ Man beachte, dass er ein „wie“ fordert und die Frage nach dem „ob“ damit ausschließt. Die größten Investoren der Welt haben bereits begonnen, Kapital umzuschichten in nachhaltige Investments und ihre bisherigen Investments zu Nachhaltigkeit angehalten. Eigentlich hätte man denken können, dass durch die Pandemie die Klimakrise in den Hintergrund treten würde. Aber genau das Gegenteil geschah: die Kapitalumschichtung beschleunigte sich.

Ich plädiere hier mit aller Leidenschaft dafür, dass wir mit unseren Unternehmen aus eigenem Antrieb vorangehen. Und zwar freiwillig und wir nicht darauf warten, dass politische Ge- und Verbote uns dazu zwingen. Denn das werden sie mehr und mehr, wenn wir nicht selbst das Heft des Handelns in die Hand nehmen.

Der Green Deal der EU wird das größte Investitionsprogramm der Nachkriegsgeschichte auslösen. Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen geben die Zielsetzungen vor, auf die sich die Weltgemeinschaft verständigt hat. Die großen Manifeste der Menschheit waren Zukunftsprogramme. Es eint sie, dass sie zum Zeitpunkt ihrer jeweiligen Zeit Utopien waren. Zu der Zeit als die Menschenrechte und die Gewaltenteilung in Frankreich von Montesquieu formuliert wurden, waren sie Utopien. Ebenso wie die amerikanische Unabhängigkeitserklärung ein frommer Wunsch an die Zukunft war. Diese Ideen waren aber so stark, dass sie sich durchgesetzt haben. Als ein solches Manifest betrachte ich die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, denn sie vereinen die Ökonomie und die Ökologie mit einander.
Green Business ist schon heute keine Utopie mehr.

Der Anfang ist gemacht.

Herzlichst,
Ihr Björn Castan

Wie denken Sie über Green Business? Schreiben Sie mir gerne an castan@researchforfuture.com